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 Rechtsanwalt Bonn Dr. Palm

 

 

Scheidung, 

Trennung und

türkisches Recht

 

Die Türkei hat übrigens das schweizerische Eherecht weitgehend übernommen (Alexander Bergmann/Murad Ferid: Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Bd. XV, 123. Lieferung 1995, Frankfurt a.M., S. 11 ff.). 

Wie sieht nun eine Scheidung aus, wenn türkisches Recht anzuwenden ist? Nach Art. 166 Abs. 1 ZGB kann jeder Ehegatte Scheidungsklage erheben, wenn die eheliche Gemeinschaft so zerrüttet ist, sodass den Ehegatten die Fortsetzung des gemeinschaftlichen Zusammenlebens nicht zugemutet werden kann. OLG Düsseldorf - II-1 UF 129/05. 

Das rechtskräftige deutsche Scheidungsurteil entfaltet in der Türkei bzw. dem türkischen Rechtsraum keine unmittelbaren rechtlichen Wirkungen, kann jedoch gleichwohl als zwingendes Beweismittel (kesin delil) in das türkische Verfahren eingeführt werden und so Beachtung finden kann. Die Prüfung und Entscheidung eines Ersuchens auf Anerkennung eines ausländischen, also etwa eines deutschen Scheidungsurteils in der Türkei unterliegt dem Verfahren über die Vollstreckbarerklärung, wie der türkische Kassationsgerichtshof 1998 entschieden hat. Danach ist der andere Ehegatte als Beklagter zu benennen und der Anerkennungsantrag diesem zusammen mit der Angabe des Verhandlungstermins zuzustellen und am Tag der Verhandlung im einfachen Verfahren zu prüfen und eine Entscheidung zu fällen.

Welches Recht gilt, wenn einer oder beide Ehepartner die türkische Staatsangehörigkeit besitzen?

Bei privatrechtlichen Streitigkeiten zwischen deutschen und ausländischen Ehegatten gelten die Regelungen des Internationalen Privatrechts. Für Sachverhalte mit Bezug zum Recht eines ausländischen Staates richtet sich die Frage, welches materielle Recht anwendbar ist, nach den Regeln des von Amts wegen anzuwendenden deutschen Kollisionsrechts, des EGBGB. Die Scheidung unterliegt dem Recht, das im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebend ist. Kann die Ehe hiernach nicht geschieden werden, so unterliegt die Scheidung dem deutschen Recht, wenn der die Scheidung begehrende Ehegatte in diesem Zeitpunkt Deutscher ist oder dies bei der Eheschließung war. Wenn eine Ehescheidung hier ausgesprochen oder anerkannt worden ist, so ist für die Unterhaltspflichten zwischen den geschiedenen Ehegatten und die Änderung von Entscheidungen über diese Pflichten das auf die Ehescheidung angewandte Recht maßgebend. Gilt das auch für Unterhaltsvereinbarungen im Rahmen eines Ehevertrags? Zwar ist das Scheidungsstatut grundsätzlich nur auf gesetzliche Unterhaltsansprüche anwendbar. Daraus folgt aber nicht, dass Unterhaltsvereinbarungen ihm nicht unterfallen. Wird durch eine Vereinbarung eine gesetzliche Unterhaltspflicht nur inhaltlich nach Höhe, Dauer und Modalitäten der Unterhaltsgewährung näher festgelegt und ausgestaltet, so verliert der Anspruch dadurch nicht seine Eigenschaft als gesetzlicher Unterhalt. 

Bei gleicher Staatsangehörigkeit gilt das gemeinsame Heimatrecht (Art.17 EGBGB). Bei einem türkischen Ehepaar gilt für die Scheidung türkisches Recht (Art. 17 Abs. l Satz l, 14 EGBGB i. V. m. Art. 134 l und 2 ZGB). Mitunter überlässt das neue Recht den Beteiligten auch die Wahl, welches Recht angewendet werden soll oder stellt für Kinder das jeweils günstigste Recht zur Verfügung. Haben die Ehegatten keine gemeinsame Staatsangehörigkeit, so ist das Recht des Staates maßgebend, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder während der Ehe zuletzt gehabt hatten, wenn einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Folgend einige Beispielkonstellationen: 

1. Ein deutsch-türkisches Paar, das in Deutschland die Ehe geschlossen hat, kann sich hier nach deutschem Recht scheiden lassen. 

2. Was gilt für die Konstellation, wenn ein deutsch-türkisches Paar, das in der Türkei die Ehe geschlossen hat und einer der Ehepartner in Deutschland eingebürgert wurde, nun sich scheiden lassen will? 

Das AG Garmisch Partenkirchen hat dazu 2007 eine interessante Entscheidung getroffen: Zwar wird gemäß Art. 17 I S. 1, 14 I Nr. 1 Alt. 2 EGBGB hinsichtlich der Anwendung des materiellen Rechts zunächst auf das Recht hingewiesen, nach dem sich die allgemeinen Wirkungen der Ehe richten, d. h. auf das Recht des Staates, dem beide Ehegatten zuletzt angehörten, wenn einer von ihnen diesem Staat noch angehört. Gemäß Art. 17I 1, 14I Nr. 1, Alt. 2 EGBGB unterliegen die allgemeinen Wirkungen der Ehe deshalb grundsätzlich, weil die Ehegatten bei Rechtshängigkeit kein gemeinsames Heimatrecht mehr haben, dem früheren gemeinsamen Heimatrecht. Das war in dem Fall des AG Garmisch Partenkirchen das materielle türkische Recht. Mit dieser Verweisung auf das materielle türkische Recht wird gemäß Art. 4 I S. 1 EGBGB nach dem Prinzip der Gesamtverweisung nicht nur auf das türk. Scheidungsrecht, sondern auch auf das türk. Kollisionsrecht verwiesen. Diese Verweisung nimmt das türkische Recht aber nicht an (Art. 4I 2 EGBGB). Ob das türk. Recht die Verweisung i. S. von Art. 4 I EGBGB annimmt, ob zurück- oder weiterverwiesen wird, regelt nämlich nicht Art. 2 des türk. Gesetzes Nr. 2675 über das internationale Privat- und Zivilverfahrensrecht (IPRG), sondern hängt von der einzelnen kollisionsrechtlichen Norm des türk. IPRG ab, was vorliegend zu Art. 12 und 13 türk. IPRG führt, die das Scheidungsstatut regeln. Nach Art. 12 II 2 (allgemeine Wirkungen der Ehe) und Art. 13 II (Scheidungsfolgen) des türkischen Gesetzes über das internationale Privat- und Zivilverfahrensrecht Nr. 2675 vom 20. 5. 1982 (IPRG) bestimmt nur eine gemeinsame Staatsangehörigkeit der Parteien (zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit) das anwendbare Recht.  

Gemäß Art. 13 türk. IPRG ist das materielle Recht des Aufenthalts der Parteien anzuwenden, d. h. durch Art. 13 türk. IPRG erfolgt eine Verweisung auf das materielle deutsche Recht. Gemäß Art. 13 türk. IPRG ist bei Ehegatten mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit, wobei gemäß Art. 3 türk. IPRG der Zeitpunkt der Klageerhebung maßgeblich ist  das materielle Recht des gemeinsamen Wohnsitzes oder in Ermangelung eines solchen das Recht des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltes anzuwenden. Danach ist, weil beide Parteien ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben, deutsches Recht anwendbar. Aufgrund unterschiedlicher Staatsangehörigkeit zum jetzigen Zeitpunkt unterliegen Ehescheidung und Folgesachen dem Recht am gemeinsamen Wohnsitz der Parteien. Eine Rückverweisung in das deutsche Recht wird nach Art. 4 I S. 2 EGBGB hier immer angenommen und führt damit unmittelbar zur Anwendung deutsches Rechts. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die Scheidungsvoraussetzungen nach deutschem Recht zu prüfen sind (Art. 17, 14 I Nr. 1 Alt. 2 EGBGB i. V. mit Art. 13 türk. IPRG, §§ 1565 ff. BGB). Somit gilt gemäß § 1565 BGB für die Scheidung, dass die Ehe der Parteien zu scheiden ist, wenn sie endgültig gescheitert ist und die Parteien ein Jahr getrennt leben (Art. 17, 14 I Nr. 1 EGBGB i. V. mit Art. 13 türk. IPRG, § 1565 BGB).  

3. Liegt der Lebensmittelpunkt der Eheleute bereits seit geraumer Zeit in der Türkei, kann es auch dort geschieden werden. Das bedeutet, dass  auf eine deutsch-türkische Ehe, die in der Türkei geführt wurde, türkisches Recht angewendet wird. Das gilt auch in dem Fall, dass die deutsche Frau nach Deutschland zurückkehrt ist und in Deutschland einen Scheidungsantrag stellt.

4. In Deutschland lebende türkisch-türkische Paare haben die Option, ob sie sich in der Türkei oder in Deutschland  scheiden lassen. Deutsche Gerichte müssen dabei allerdings türkisches Recht anwenden. Das gilt nicht unbedingt für den Fall, dass einer der beiden Partner nach der Eheschließung Deutscher geworden ist. Nach Art. 13 türk IPRG dürfte auf den gemeinsamen Wohnsitz abzustellen sein, sodass über die Rückverweisung des türkischen Heimatrechts das Wohnsitzrecht, also deutsches Recht für die Scheidungsregelung anzuwenden ist. 

Verjährung

Nach der seit dem 1.1.2002 gültigen Vorschrift des Art. 178 ZGB verjähren alle Ansprüche, die anlässlich der Beendigung der Ehe durch Scheidung entstehen, ein Jahr nach Rechtskraft des Scheidungsurteils, auch das sog. Unterhaltsstammrecht. Der Beginn der Verjährungsfrist ist der Tag, an dem das Scheidungsurteil der Parteien in Deutschland Rechtskraft erlangt und nicht der Tag, an dem das Anerkennungsverfahren des deutschen Scheidungsurteils in der Türkei rechtskräftig zum Abschluss gelangt (OLG Stuttgart - 17 UF 7/06).

Diverse Fragen zur Scheidung nach dem türkischen Zivilgesetzbuch

Das Familiengericht wendet türkisches Scheidungsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB an. 

Nach Art. 164 des türkischen Zivilgesetzbuches kann jeder Ehegatte Scheidungsklage erheben, wenn der andere Ehegatte ihn mit dem Ziel verlassen hat, die aus der ehelichen Gemeinschaft entstehenden Pflichten nicht zu erfüllen oder ohne wichtigen Grund nicht in die gemeinsame Wohnung zurückkehrt, solange dieser Zustand andauert und eine auf Antrag durch das Gericht erlassene Aufforderung ohne Ergebnis geblieben ist, wenn die Trennung wenigstens 6 Monate gedauert hat.

Der Antrag auf gerichtliche Aufforderung zur Rückkehr kann gemäß Art. 164 Abs. 1 türk. ZGB erst gestellt werden, wenn mindestens vier Monate der für die Erhebung der Scheidungsklage erforderlichen Trennungsfrist von sechs Monaten abgelaufen sind.

Das AG Besigheim hat Oktober 2004 entschieden: "Ein wichtiger Grund i.S.d. Art. 164 türkisches ZGB liegt nicht (mehr) vor, wenn die Antragsgegnerin sich zu einer Rückkehr in die Ehewohnung nur unter der Bedingung bereit erklärt, dass diese einen gewissen Mindestabstand zur den Familienangehörigen des Antragstellers aufweist."

Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB in einem typischen Scheinehenfall 

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht 2006 (12 WF 37/06): Nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB  unterliegen die allgemeinen Wirkungen der Ehe dem Recht des Staates, mit dem die Ehegatten auf andere Weise gemeinsam am engsten verbunden sind. Dass der Antragsgegner türkischer Staatsangehöriger ist und die Hochzeit wegen des Zwecks der Eheschließung, nämlich dem Antragsgegner die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen, notgedrungen in der Türkei stattgefunden hat, rechtfertigen nicht den Schluss auf eine besonders enge Verbindung der Parteien mit dem türkischen Recht. Da die Eheschließung dem Antragsgegner gerade die Möglichkeit eröffnen sollte, nach Deutschland einzureisen, spricht ebenso viel für die Anwendung des deutschen Rechts. Mindestens lässt sich aber eine gemeinsame engste Verbundenheit i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB nicht feststellen. Für diesen Fall sieht Art. 14 EGBGB nach Auffassung des Gerichts zwar keine Lösung vor. Da die deutschen Gerichte für das Begehren der Antragstellerin international zuständig sind (§ 606 a ZPO), muss aber der zu treffenden Entscheidung zwangsläufig eine bestimmte Rechtsordnung zugrunde gelegt werden. Wenn es keinerlei Anknüpfungspunkte für eine bestimmte Rechtsordnung gibt, ist die praktikabelste Lösung diejenige, dass grundsätzlich die Sachnormen des am Gerichtsort geltenden eigenen Rechts Anwendung finden. Dieser Grundsatz rechtfertigt hier die Anwendung des deutschen materiellen Rechts. 

Pflicht zum Zusammenleben

OLG Düsseldorf - II-1 UF 129/05: "Die Tatsache, dass der Antragsteller eine eigene Einzimmerwohnung bezogen hat, kann eine Verletzung der Pflicht zum Zusammenleben, zur Treue und zum Beistand aus Art. 185 Abs. 3 ZGB (Türkei) darstellen."

Die Regelung des türk ZGB Art 134 (juris: ZGB TUR), wonach die Scheidung ohne Einhaltung eines Trennungsjahres möglich ist, verstößt nach dem Oberlandesgericht Hamm nicht gegen den ordre public.

Widerspruch 

Wenn der Scheidungsantrag des auf Art. 166 des türkischen Zivilgesetzbuches gestützt ist, kann die Gegenseite nach Art. 166 Abs. 2 des türkischen Zivilgesetzbuches der Scheidung unter bestimmten Voraussetzungen widersprechen. OLG Düsseldorf - II-1 UF 129/05: "Das Widerspruchsrecht kann nach dem türkischen ZGB auch dann, wenn die eheliche Gemeinschaft nicht mehr besteht und voraussichtlich nicht mehr hergestellt werden kann, eröffnet sein; die deutschen Gerichte haben diese Entscheidung des türkischen Gesetzgebers zu beachten."

Dann ist Voraussetzung für die begehrte Scheidung nach Art. 166 Abs. 1 des türkischen Zivilgesetzbuches, dass dem widersprechenden Teil zumindest ein geringes Verschulden an der Zerrüttung der Ehe angelastet werden kann (So etwa das OLG Hamm FamRZ 2000, 1577 zu der alten Regelung, der dem Art. 166 des türkischen Zivilgesetzbuches entspricht). Der Vortrag des jeweiligen Antragstellers darf hier nicht  formelhaft respektive pauschal erfolgen, um ein auch nur geringes Verschulden der Antragsgegnerin an der Zerrüttung der Ehe belegen zu können. Letzteres ist nach der von der deutschen Rechtsprechung geteilten höchstrichterlichen Rechtsprechung in der Türkei Voraussetzung für eine Zerrüttungsscheidung nach Art. 166 Abs. 1 des türkischen Zivilgesetzbuches, wenn der andere Ehegatte der Scheidung nach Art. 166 Abs. 2 des türkischen Zivilgesetzbuches widerspricht

Bei einem Widerspruch gegen die Scheidung werden verschuldensunabhängige Zerrüttungsursachen nicht akzeptiert. Anderenfalls ist von einem Alleinverschulden des klagenden Ehegatten auszugehen, wenn ein auch nur geringes Verschulden des widersprechenden Teils nicht festzustellen ist. Dann scheitert der auf den Zerrüttungstatbestand nach Art. 166 Abs. 1 des türkischen Zivilgesetzbuches gestützte Scheidungsantrag des Antragstellers am Widerspruch der Gegenseite, wenn er nicht im Sinne des Art. 166 Abs. 2 S. 2 des türkischen Zivilgesetzbuches als rechtsmissbräuchlich anzusehen wäre.

Von einem Rechtsmissbrauch des Scheidungswiderspruches ist nur in Ausnahmefällen auszugehen. Allein die Zerrüttung der Ehe und eine mehrjährige Trennung lässt einen Widerspruch noch nicht als rechtsmissbräuchlich erscheinen. Es müssen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieser Widerspruch nur erfolgt, um einen Ehegatten böswillig an dem formalen Eheband festzuhalten.

Im Fall eines erfolgreichen Widerspruchs bleibt lediglich die Möglichkeit, die Dreijahresfrist nach Art. 166 Abs. 4 des türkischen Zivilgesetzbuches abzuwarten, um dann erneut die Scheidung der Ehe zu beantragen.

Beispielentscheidung

Das Amtsgericht - Familiengericht - Mainz hat die Parteien, die türkische Staatsangehörige sind, durch Urteil vom 25. Januar 2001 gemäß den Art. 17 Abs. l Satz l, 14 EGBGB i. V. m. Art. 134 l und 2 des türkischen bürgerlichen Gesetzbuches geschieden, da die Ehe der Parteien zerrüttet sei und das Verschulden des Antragsgegners an der Zerrüttung überwiege. Das Verschulden des Antragsgegners an der Zerrüttung überwiege, da er die Antragstellerin körperlich misshandelt habe und er zu einer erheblichen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei.

Berufungsentscheidung: Das Amtsgericht hat richtig entschieden.

Gemäß den Art. 17 Abs. l Satz l und 14 Abs. l Ziff. l EGBGB richtet sich die Scheidung der Parteien nach türkischem Recht. 

Gemäß Art. 134 Satz l des türkischen ZVG kann jeder der Ehegatten Scheidungsklage erheben, wenn die eheliche Gemeinschaft in ihrem Fundament so zerrüttet ist, dass den Ehegatten die Fortsetzung des gemeinsamen Lebens nicht mehr zugemutet werden kann.

Zerrüttung im Sinne des Art. 134 des türkischen ZGB enthält zwei Komponenten

Die erste Komponente ist die objektive, schwerwiegende Störung der ehelichen Verhältnisse. Kleinere alltägliche Streitigkeiten zwischen den Eheleuten reichen insoweit nicht aus, schwere Konflikte müssen eine gewisse Dauerhaftigkeit erreicht haben und die positive Einstellung beider Ehegatten oder eines Ehegatten zur Ehe und zu seinen ehelichen oder familiären Verpflichtungen grundsätzlich infrage stellen. 

Die zweite Komponente befindet sich auf der subjektiven Seite. Die Störung der ehelichen Lebensverhältnisse muss für mindestens einen der Ehegatten unerträglich geworden sein. 

Beide Voraussetzungen zur Annahme der Zerrüttung liegen hier vor.

Die bis zur Inhaftierung des Antragsgegners andauernden Gewalttätigkeiten gegenüber der Antragstellerin sowie der erhebliche Alkoholkonsum des Antragsgegners haben zu der erforderlichen schwerwiegenden Störung der ehelichen Verhältnisse geführt. Das Amtsgericht hat diese Voraussetzungen aufgrund der Anhörung der Parteien und der gemeinsamen Kinder zutreffend bejaht. Die Angaben der Antragstellerin sowie der Kinder sind vom Amtsgericht richtig gewürdigt worden... Der gegenteilige Sachvortrag des Antragsgegners in der Berufungsinstanz ist widersprüchlich und somit unbeachtlich. Ein nachvollziehbarer Grund, sich in der JVA F....... einem mehrwöchigen Gruppenprogramm "Alkoholgefährdung und Alkoholabhängigkeit" anzuschließen, bestand nach Ansicht des Senates für den Antragsgegner nicht, sofern er tatsächlich bereits vor seiner Inhaftierung nicht mehr alkoholabhängig gewesen wäre. Auch das erforderliche Moment der Dauerhaftigkeit der schweren Konflikte ist zweifelsfrei gegeben. Dieses Moment ergibt sich zum einen aus den Angaben der Antragstellerin und der gemeinsamen Kinder, aber auch aus der Tatsache, dass die Parteien sich im Jahre 1989 bereits einmal getrennt hatten, weil der Antragsgegner die Antragstellerin geschlagen hatte.

Die Parteien haben zur Überzeugung des Senates auch wegen der zur Zerrüttung führenden Umstände keinen Frieden geschlossen...

Auch die zweite Komponente der Zerrüttung im Sinne des Art. 134 des türkischen ZVG ist gegeben.

Danach muss die Störung der ehelichen Lebensverhältnisse für mindestens einen der Ehegatten unerträglich geworden sein... Voraussetzung für die Feststellung des Verschuldens am Scheitern der Ehe ist, dass demjenigen Ehegatten, gegen den Scheidungsklage erhoben wird, das Scheitern der Ehe im Sinne der allgemeinen Verschuldensregeln zurechenbar sein muss.

Das Verschulden des Antragsgegners am Scheitern der Ehe steht angesichts der Gewalttätigkeiten des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin und seinen Kindern sowie des übermäßigen Alkoholkonsums fest. Aus dieser Feststellung folgt auch, dass der Widerspruch des Antragsgegners gegen den Scheidungsantrag gemäß Art. 134 des türkischen ZGB missbräuchlich ist. Ein solcher Widerspruch könnte von dem Antragsgegner nämlich nur dann erhoben werden, wenn das Verschulden des klagenden Ehegatten am Scheitern der Ehe überwiegen würde.

Auch der weitere Einwand des Antragsgegners gegen das Urteil des Amtsgerichts, dass die Ehe aus Rechtsgründen wegen Nichteinhaltung der Trennungsfrist nicht hätte geschieden werden dürfen, greift nicht ein. Die Voraussetzungen einer Scheidung ergeben sich - wie dargestellt - aus Art. 134 des türkischen ZGB. 

Gemäß Art. 134 Satz 4 des türkischen ZGB entfällt in zwei Fällen die Untersuchung des Verschuldens. Es handelt sich insoweit um eine Verfahrenserleichterung. Der erste Fall betrifft die einverständliche Scheidung. Diese setzt voraus, dass die Ehepartner ein Jahr getrennt leben und beide einen Antrag auf Scheidung der Ehe stellen. 

Der zweite Fall bestimmt, dass eine Prüfung des Verschuldens entfällt, wenn eine Scheidungsklage bereits einmal rechtskräftig abgewiesen worden war und seit der Rechtskraft des Urteils drei Jahre vergangen sind, ohne dass ein gemeinsames Leben wieder hergestellt worden ist. Die Drei-Jahresfrist stellt danach keine weitere Voraussetzung zur Durchführung eines Scheidungsverfahrens nach Art. 134 Satz l des türkischen ZGB dar (OLG Koblenz -  11 UF 89/01 vom 30.10.2001). 

Trennungsunterhalt

Beide Eheleute haben bei der Eheschließung die türkische Staatsangehörigkeit. Seit 2004 ist der Ehemann deutscher Staatsangehöriger. Wie bestimmt sich der Trennungsunterhalt?

Auf den Unterhaltsanspruch der in der Türkei lebenden Klägerin hat das  OLG Stuttgart Anfang 2008 türkisches Sachrecht anzuwenden. Auf Unterhaltspflichten sind die Sachvorschriften des am jeweiligen gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten geltenden Rechts anzuwenden. Kann der Berechtigte nach diesem Recht vom Verpflichteten keinen Unterhalt erhalten, so sind die Sachvorschriften des Rechts des Staates anzuwenden, dem sie gemeinsam angehören. Art. 196 des türkischen Zivilgesetzbuchs (tZGB) sieht vor, dass bei der Bestimmung des Unterhalts, der während des Zusammenlebens der Ehegatten auf Antrag festgesetzt werden kann, berücksichtigt wird, ob der Ehegatte den Haushalt besorgt, die Kinder betreut oder ohne Gegenleistung für den anderen im Rahmen von dessen Beruf oder Gewerbe arbeitet. Maßgebend für die Höhe des Unterhalts nach Artt. 196 Abs. 2, 197 Abs. 2 tZGB sind die beiderseitigen finanziellen Verhältnisse, also die Leistungsfähigkeit der Ehegatten, deren Bedürfnisse und die der Kinder. Bedarf und Leistungsfähigkeit bestimmen sich dabei also nicht durch eine undifferenzierte Anwendung des deutschen Unterhaltsrechts. Für die Höhe des Unterhaltsanspruchs ist vielmehr maßgebend, welchen konkreten Bedarf die Klägerin hat, um an ihrem Aufenthaltsort den ihr gebührenden Lebensstandard aufrecht zu erhalten. Dazu gehört nach Auffassung des Gerichts nicht nur die Darlegung des konkreten Bedarfs, sondern auch der Vortrag zur Erwerbsfähigkeit und den Erwerbsmöglichkeiten sowie die Beschreibung des konkreten Lebensumfelds und dies alles unter Berücksichtigung der Geldparität. 

 

Rechtliche Probleme binationaler Ehen

Unterhaltsprobleme mit Auslandsbezug

Scheidung - allgemein

Familienrecht - Portal

Für die Anerkennung gilt die Regelung des  FamRÄndG: Entscheidungen, durch die im Ausland eine Ehe für nichtig erklärt, aufgehoben, dem Bande nach oder unter Aufrechterhaltung des Ehebandes geschieden oder durch die das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe zwischen den Parteien festgestellt ist, werden nur anerkannt, wenn die Landesjustizverwaltung festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen. Die Verbürgung der Gegenseitigkeit ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung. Hat ein Gericht oder eine Behörde des Staates entschieden, dem beide Ehegatten zur Zeit der Entscheidung angehört haben, so hängt die Anerkennung nicht von einer Feststellung der Landesjustizverwaltung ab.

Vielleicht mehr als jede andere Rechtsmaterie ist das Ehe- und Familienrecht für Mandanten eine existenzielle Frage. Insbesondere die Verquickung von drängenden Rechtsfragen und oft schwerer emotionaler Betroffenheit bereitet hier Mandanten besondere Probleme, die wir helfen zu lösen, indem wir beiden Aspekten Rechnung tragen. Wir vertreten seit Anbeginn unserer Kanzleitätigkeit zahlreiche Mandanten auf den diversen Gebieten des Ehe- und Familienrechts: Scheidungen, Trennung, Lebenspartnerschaften, Lebensgemeinschaften, Härtefall, Unterhalt nebst Auskunftsanspruch, Versorgungsausgleich, Sorgerecht, Umgangsregelungen, Zugewinn, Schulden, Hausrat, Zuweisung der EhewohnungGrundstücke, Scheinehe, Eheaufhebung

 Auch familienrechtliche Konstellationen aus dem internationalen Privatrecht, wenn also Bezüge zu fremden Rechtsordnungen, etwa europäischen oder türkischen (Speziell zur Scheidung nach türkischem Recht) Regelungen zu klären waren, haben wir untersucht. 

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